Fachtagung „Frühe Chancen für Kinder in Armutslagen - Armutssensibles und vorurteilsbewusstes Handeln in der frühen Bildung” lieferte wertvolle Impulse für die Praxis
Rund 70 Fachkräfte der Beratungs- und Managementebene der frühkindlichen Bildung kamen am 7. November 2024 im Haus am Dom in Frankfurt zusammen, um sich zu informieren, auszutauschen und zu vernetzen.
Der sehr engagierte Impulsvortrag „Frühe Chancen für Kinder – Armut, Armutsprävention, Armutssensibilität“ von Gerda Holz war ein gelungener Auftakt der Fachtagung und würdige Rahmung des Themas. Die Sozialarbeiterin und Diplom-Politikwissenschaftlerin forscht und berät seit vielen Jahren zu Kinderarmut und sozialer Ungleichheit in Deutschland und gab einen umfassenden Überblick zum mehrdimensionalen Zusammenhang von Ursachen und Folgen sowie zu sozialer Ungleichheit und Exklusion als individueller Lebenslage, dem Ansatz und Auftrag gesellschaftlicher Gegensteuerung zur Sicherung sozialer Inklusion und Teilhabe ALLER und der Basis präventiven Handelns durch Praxis und Politik.
Im zweiten Impulsvortrag „Armut und Klassismus in der Kita - Impulse zur Entwicklung einer armutsbewussten Haltung und Praxis in der frühen Bildung“ richtete Dr. in phil. Stephanie Simon von der TU Dortmund und dem Institut für Theorie und Empirie des Sozialen Werkstatt für Sozialpädagogisches Denken (ITES) in Kassel den Blick auf Diskriminierung und Abwertung aufgrund der zugeschriebenen sozialen Position und Deutungen von Armut in Kindertageseinrichtungen. Sie gab Impulse zur Entwicklung einer armutsbewussten Haltung und Praxis, die in ihrem Workshop am Nachmittag vertieft wurden.
Nach viel Input am Vormittag und einem leckeren Mittagessen hatten die Tagungsgäste keine Chance ins Mittagstief zu fallen, denn danach ging es gleich bewegt weiter mit Stationengesprächen und Impulsfragen zu Alltagssituationen aus der frühen Bildung. Dabei kam nicht nur der Körper auf dem Weg durch das Seminarhaus in Bewegung, sondern auch der Geist bei Reflexionsgesprächen in Kleingruppen. Nach dem kurzen Gedanken- und Erfahrungsaustausch folgte ein kurzweiliger Informationsvortrag zu „Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder in Armutslagen – finanzielle Familienleistungen im Blick“ von Najim Boussouf von der Familienkasse Hessen.
Am Nachmittag wurde das Thema Kinderarmut dann in verschiedenen praxisnahen Workshops handlungsorientiert aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und weiter vertieft. Im Workshop „Lebenslagenansatz in Kindertageseinrichtungen – Praktische Impulse zur armutssensiblen Angebotsgestaltung“ erarbeitete Hannah Schipperges vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) e. V. gemeinsam mit den Teilnehmenden praktische Ansätze für eine armutssensible Gestaltung von Kita-Angeboten basierend auf dem Lebenslagenansatz. Dr.in phil. Stephanie Simon lud in ihrem Workshop „Klassismus reflektieren und reduzieren – am Beispiel des Umgangs mit und Deutungen von Armut in der Kita“ dazu ein, klassistische Zuschreibungen und Deutungen zu identifizieren und deren intersektionale Verschränkung mit weiteren Diskriminierungsmerkmalen (z.B. Rassismus) kenntlich zu machen sowie die eigene soziale Position und damit verbundene Privilegien zu reflektieren. Im Workshop „Armutsbetroffene Kinder und Familien stärken – Kindspezifische Armutsfolgenprävention für ein gelingendes Aufwachsen am Beispiel des Landesprogramms Präventionsketten Hessen“ machten Nicole Waliczek und Rajni Kerber von der HAGE e. V. deutlich, wie wichtig eine gute Vernetzung der verschiedenen Akteur*innen im Sozialraum ist und welche Rolle die Kindertagesbetreuung dabei spielt, damit Übergänge in der frühen Kindheit armutssensibel und chancengerecht gestaltet werden können. Die BEP-Multiplikatorin Silvia Deichmann-Seidel nahm im vierten und letzten Workshop unter dem Titel „Stark im Alltag, stark für das Leben – Resilienz, Gesundheit und sozial-emotionale Kompetenzen in Armutslagen“ die individuellen Ressourcen, Schutzfaktoren und Stärken eines jeden Kindes in den Blick und beschäftigte sich mit Resilienz und Bewältigungshandeln im Kontext von Armut.Die praxisorientierten Workshops boten den Teilnehmenden viel Raum für Diskussionen, Austausch von Erfahrungen und Entwicklung konkreter Praxis-Ideen und Handlungsstrategien.
Parallel zur Veranstaltung haben wir Ihnen hier hilfreiche Materialien zum Thema zusammengestellt TaskCards
Insgesamt war die Fachtagung eine gelungene Veranstaltung, die neben der Vermittlung von Fachwissen und der Gewinnung neuer Impulse für die Praxis auch zur besseren Vernetzung untereinander beigetragen hat.
Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden und allen Teilnehmenden für die lebhaften Diskussionen, den wertschätzenden Austausch und das gemeinsame Weiterdenken auf dem Weg zu einer armutssensiblen Gestaltung der Kindertagesbetreuung in Hessen.
Ihr Team der Koordinierungsstelle „Vielfalt in der Kindertagesbetreuung“